Vom 26. Februar bis 16. Oktober 2016 lässt der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) in seinem Dortmunder Museum eine heute weitgehend vergessene Kulturgeschichte des Reviers wieder lebendig werden und zeigt in der Ausstellung »Kumpel Anton, St. Barbara und die Beatles« die Leitbilder im Ruhrgebiet zwischen Nachkriegszeit und Strukturkrise.
Zu sehen sind über 200 Exponate, darunter Gemälde und Skulpturen von Laienkünstlern und Mitgliedern des “jungen westen”, Werke der Dortmunder Gruppe 61, Plakate der Ruhrfestspiele, alte Filmzeitschriften, historische Fotos, Schallplatten und Filme.
»Die Schau zeigt nicht nur die Leuchttürme der Hochkultur wie beispielsweise die Ruhrfestspiele. Sie thematisiert auch die breite Kulturförderung in den Betrieben, die Bergarbeiter und Angestellte an die Hochkultur heranführte und ihre künstlerischen Potentiale förderte. Damit spricht die Ausstellung auch heute noch aktuelle Fragen nach kultureller Teilhabe, Bildung und Identität an«, erläuterte LWL-Kulturdezernentin Dr. Barbara Rüschoff-Thale am Mittwoch (24.2.) in Dortmund.
»Parallel zur Montanmitbestimmung ging es in den 1950er und 60er Jahren auch um kulturelle Partizipation”, ergänzt Kuratorin Dr. Dagmar Kift. »Und die Laienmaler, Hobbymusiker und Arbeiterdichter des Ruhrgebiets, die im Mittelpunkt der Ausstellung stehen, gaben dem Industrierevier nach 1945 gemeinsam mit Kulturpolitikern aus dem Bergbau, den Gewerkschaften und einzelnen Kultureinrichtungen erstmals eine kulturelle Identität.«
Museumsleiterin Dr. Anne Kugler-Mühlhofer freut sich, dass die Ausstellung, die bereits auf der Zeche Hannover in Bochum zu sehen war, jetzt auch nach Dortmund gekommen ist: »Zeche Zollern versteht sich als Museum für Sozial- und Kulturgeschichte, deshalb passt ‘Kumpel Anton sehr gut zu uns. Und einige Künstler, die hier vorgestellt werden, sind schon in unserer Dauerausstellung vertreten.«
Die Entstehung der Ruhrfestspiele, die Gründung der »Vereinigung der Freunde von Kunst und Kultur im Bergbau e.V.« in Bochum und der Künstlergruppe »junger westen« in Recklinghausen, die Einstellung von Kulturreferenten durch die großen Zechengesellschaften oder des Arbeiterdichters Willy Bartock als Leiter der kulturellen Betreuung der Zeche Walsum – Ereignisse wie diese markieren zwischen 1946 und 1949 den Beginn eines breiten kulturellen Aufschwungs im Ruhrgebiet.
Zwar war die Region auch damals keineswegs kulturlos. Ihre Städte verfügten über hervorragende, auch überregional bedeutende Museen und Theater wie das Essener Folkwang Museum und das Bochumer Schauspielhaus. Allerdings seien diese Institute nicht von der besonderen Lebensform an der Ruhr geprägt und könnten nicht als spezifischer Ausdruck einer Ruhrkultur angesehen werden, urteilte Franz Große Perdekamp, Leiter der Kunsthalle in Recklinghausen, 1947.
20 Jahre später sah dies anders aus. Dagmar Kift: »Als der Bergbau nach dem Zweiten Weltkrieg neu geordnet wurde, erfolgte auch eine kulturelle Neubesinnung, und als es nach der Währungsreform wieder aufwärts ging, entwickelte sich rund um die Leuchttürme der bürgerlichen Hochkultur eine revierumspannende ‘Kultur von unten’. Die Laienkünstler aus dem Bergbau stellten ihre Werke in den Betrieben und den Begleitausstellungen der Ruhrfestspiele aus. Die Konzerte der Bergarbeiterchöre und Werksorchester waren im Radio zu hören. Die Kunsthalle Recklinghausen entwickelte sich zu einem Zentrum der Moderne. Und die Schriftsteller der Dortmunder Gruppe 61 entdeckten die Arbeitswelt für die Literatur.«
Fühlten sich dadurch vor allem die Erwachsenen angesprochen, wandten sich die Jugendlichen den Helden und Idolen der anglo-amerikanischen Kino- und Musikindustrie zu. Sie machten Dortmund in den 1950er Jahren zu einer Metropole des Jazz und Recklinghausen in den 1960er Jahren zum Mekka der Beatbewegung. Dass 1966, im Jahr der Strukturkrise, die Beatles selbst in Essen auftraten, mag Zufall gewesen sein, markiert aber einen erneuten Wandel in der Kultur: Der Bergbau fuhr seine Kulturförderung zurück, und die Popkultur entwickelte sich von der Nischen- zur Massenkultur.
Die Ausstellung läuft vom 26. Februar bis 16. Oktober 2016.
(Quelle: PM des Landschaftsverband Westfalen-Lippe, LWL)
26. Februar 2016, ts
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